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Schwedischer Sommer 2014

10 Wochen schwedische Schären im Sommer 2014, pures Segeln auf unserer neuen „inkus“ GER 2610, ohne Motor, mit Begeisterung von Rönneby/Karlskrona bis Arholma, nördlich Stockholm Schärengarten hoch und runter, kreuz und quer, dazu der Kalmarsund mit Strom und Welle auf die Nase, ca 1300 sm

Jeden Sommer segeln wir mit unserer Sailhorse etwa 2 Wochen am Stück: Ostsee, Nordsee oder Adria, immer mit Zeitdruck, Wetterstreß und Reviereinschränkung. 

Einmal Zeit haben: einfach mal auf einer Insel bleiben, Sturm stürmen und Regengüsse abperlen lassen. Weiter segeln. Sonne und Wind erleben! Im Trapez übers Wasser fliegen, mit dem Spinaker das Boot aus der Welle ziehen, in voller Gleitfahrt mit leichter Pinne das Wasser teilen. Körper und Geist trainieren über Wochen. In einsamen Buchten ankern, gemütlich im Bootszelt schlafen, auf Felsen mit Ausblick frühstücken ... Inzwischen sind wir zu alt um Träume zu (weit) zu verschieben: jetzt oder vielleicht nie.

Zuerst wagen wir es, unsere Büros für 3 Monate zurück zu lassen, dann fahren wir los. Das Boot auf dem Trailer, Gepäck im Auto, es unterscheidet sich kaum: ob 2 Wochen oder 10 Wochen – man braucht genauso wenig, alles in wasserdichten Säcken verpackt. Autofähre Rostock-Trelleborg.
Im Morgengrauen kommen wir an, dichter Nebel, grau in grau; wir fahren an der Küste entlang, irgendwie schottisch. 
Der Nebel weicht den ersten Sonnenstrahlen und wir schauen schmachtend auf die Küstenlinie – im Reiseführer lesen wir über die Hafenstadt Karlskrona, wollen wir dort einen Kaffeestop machen auf dem Weg zu unserem ausgewählten Hafen Bergvara, südlich von Kalmar? Mhm, einen Hafen fährt man ja eigentlich am Besten vom Wasser aus an ... laß uns mal näher an die Küste fahren, Ronneby, Ekenäs klingt doch gut, nur mal gucken. 56°10.121’N, 015°17.146’E 
 
Wir brauchen einen kleinen Hafen, in geschützter Bucht, mit Slipbahn und einen Abstellplatz für das Gespann. Sieht gut aus! Machen wir. In der Vorsaison, mitten in der Woche ist kein Mensch da, wir stellen den Mast (2x, weil wir wieder den Radarreflektor vergaßen über der Saling zu befestigen) – da kommt Per Johanson mit seinem schicken BMW Cabrio angefahren und verwickelt uns in ein Autogespräch, deutsche Autos und BMW im Besonderen. Er ist interessiert an unseren Segelplänen und will später nochmal wiederkommen. Später haben wir das Boot geslippt, Gepäck eingeräumt und überlegen gerade, ob wir das Gespann einfach auf dem öffentlichen Parkplatz stehen lassen sollen (im Clubgebäude ist niemand, das Café in der Vorsaison nur am Wochenende geöffnet) als Per wieder vorbei kommt und uns anbietet, unseren Wagen vor seinem Haus zu parken – nein das stört überhaupt nicht, 2 schöne Autos hätte er gerne vor der Tür ...;–). 
Schließlich kommt er ein drittes Mal und lädt uns ein, bei ihm und seiner Frau zu übernachten, im Turmzimmerchen mit Blick aufs Wasser. Mit Emiko und Per verbringen wir unseren ersten und geselligen, schwedischen Abend, schlafen ein letztes Mal in geschlossenem Raum und legen nach dem Frühstück beschwingt ab. Was für ein Auftakt, welch‘ eine Gastfreundschaft in Schweden – wir sind bestens gelaunt, Himmel und Wasser blau. 
 
Wir segeln nach Karlskrona:
Der 6. Juni ist in Schweden Nationalfeiertag – die meisten Schiffe liegen vor dem Hafen über Top und Takel (“dressed over all”) geschmückt vor Anker ... riesige, graue Kriegsschiffe vieler Nationen, offensichtlich ein großes Natomanöver mit Pausentag. Von den Holländern dröhnt laute Musik herüber, junge Männer prosten uns mit Heineken zu. Unheimlich ist es trotzdem. 
 
Der Yachthafen ist leer und windig, wir bauen das Bootszelt zum ersten Mal in Schweden auf und schlendern zum Maritim Museum, Musik und das erste schwedische Speiseeis – noch wissen wir nicht, dass „der Schwede“ angeblich viel mehr Eis isst, als Italiener. 
Am nächsten Morgen segeln wir nach Torhamn, dort wollen wir uns beim Hafenmeister erkundigen nach etwaigen Schießübungen im angrenzenden Seegebiet Richtung Kalmarsund. Kein Hafenmeister. Nix. Wind und Sonne. In der Seekarte eine Telefonnummer die wir anrufen und statt eines Automaten wünscht uns ein freundlicher Schwede freie Fahrt! Erleichtert segeln wir in Torhamn los, natürlich steht der Wind genau auf den Hafen und das enge Fahrwasser – wir kreuzen raus, schließlich um die Huk, verlassen die vorgelagerten Inseln und sehen ziemlich viel offene See. Mit achterlichem Wind geht es Richtung Norden, unser Schweden-Spinaker (in gelb/blau) zieht uns prima aus der Welle, gute Sicht. Weit entfernt noch 2 Yachten, wir kommen deutlich näher, die anderen kämpfen mit ihren Spis, unseren trimmt Markus gut (noch im Regattafieber vom Sailhorse-Eurocup vor einer Woche in Rostock). Unser Hand GPS  fängt an zu rennen, 6, 7, 8 Knoten über Grund ist schon ziemlich flott mit dem vollgepackten Boot. Als wir in Böen deutlich über 10 Knoten surfen nehmen wir den Spi weg.
 

Schließlich der Surf auf Halbwind in den pietoresken Hafen von Kristianopel, wir sind pitsch naß, völlig erledigt aber froh und erleichtert. Unser heimliches Wettrennen hat viel Spaß gemacht. David „gegen“ Goliath werden wir auf unserer Reise noch häufig erleben.

 
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